Die Meeresschildkröten (Cheloniidae) stellen im engeren Sinne eine Familie innerhalb der Schildkröten dar. Zusammen mit der Familie Dermochelyidae (deren einzige Art die Lederschildkröte ist) bilden sie die Überfamilie der Chelonioidea, die auf Deutsch oft als Meeresschildkröten im weiteren Sinne bezeichnet werden; dies entspricht dann auch der intuitiven Interpretation als Gesamtheit der im Meer lebenden Schildkröten.
Die Gruppe der Meeresschildkröten umfasst insgesamt sechs bzw. sieben Arten, die eine Reihe gemeinsamer Merkmale tragen. Ihre Extemitäten sind zu großen Paddeln umgestaltet, aus denen nur je eine oder zwei Krallen herausragen, und ihr Panzer
ist deutlich abgeflacht und stromlinienförmig. Weil der Rückenpanzer
auch bei älteren Schildkröten nicht vollständig verknöchert, ragen die
Enden der Rippen frei hervor. Beim Bauchpanzer fallen auch einige Rückbildungen auf.
Durch die Veränderung des Panzers haben die Meeresschildkröten außerdem
die Fähigkeit verloren, ihren relativ großen Kopf bei Gefahr
einzuziehen. Eine Anpassung an das Salzwasser stellen die Salzdrüsen dar, die beständig eine konzentrierte Salzlösung abgeben und so den Salzgehalt des Blutes regulieren, die Nieren allein sind dazu nicht in der Lage.
Die Echte Karettschildkröte (Eretmochelys imbricata) ist ein Vertreter der Meeresschildkröten.
Sie ist maximal 90 cm lang und erreicht ein Gewicht von höchstens
75 kg. Die Hornplatten des Panzers dieser Tiere überlappen einander und
stellen als echtes Schildpatt die wertvollste Form des begehrten Rohstoffes für Kunstgewerbe und Schuckgegenstände. Der Kopf der Tiere ist sehr schmal und ähnelt dadurch dem eines
Greifvogels. Die erwachsenen Tiere sind in der Regel schwarz bis
dunkelbraun und weisen gelbliche und hellbraune, manchmal auch rötliche
Flecken und Binden auf.
Amed Scuba, Karettschildkröte |
Die Meeresschildkröten stammen von Land- oder Süßwasserschildkröten
ab, die sekundär ins Wasser gegangen sind. Dies geschah wahrscheinlich
im späten Paläozoikum. Die Aufspaltung der Meeresschildkröten und die Ausbildung der Cheloniidae fand wahrscheinlich in der frühe Kreide statt (vor etwa 110 Millionen Jahren), der Fossilbefund für die
Schildkröten dieser Zeit ist jedoch sehr spärlich. Im münsterländischen Kalkwerk Hollekamp wurde beispielsweise ein einzelner Knochen gefunden. Die frühesten
bekannten Vertreter der Cheloniidae besaßen zwar offensichtlich bereits
paddelartige Extremitäten, diese waren jedoch noch nicht so gut
ausgebildet wie bei den heutigen Arten. Auch das Salzausscheidungssystem
über die Salzdrüsen war, der Kopfform nach zu schließen, bereits
vorhanden und wurde vielleicht sogar bereits vor der endgültigen Lösung
vom terrestrischen Lebensraum entwickelt. Die älteste bekannte
Meeresschildkröte ist derzeit die Art Sanatanachelys gaffneyii aus der frühen Kreidezeit, sie wird allerdings einer separaten Familie namens Protostegidae zugeordnet.
Quelle Wikipedia
Schildkröte in der Liberty, Bali |
Meeresschildkröten bewohnen alle tropischen und subtropischen
Meeresgebiete und verbringen bis auf die Eiablage ihr gesamtes Leben im
Wasser. Die ersten Meeresschildkröten haben sich wahrscheinlich vor
etwa 200 Millionen Jahren aus landlebenden Schildkröten entwickelt.
Amed Scuba, Schildkröte im Korallengarten in Amed |
Meeresschildkröten ernähren sich von Kopffüßlern, Krebsen, Schwämmen und Quallen, die sie bei ihren langen Tauchgängen jagen. Ihr Stoffwechsel wird beim Tauchen stark herabgesetzt, und das Blut reichert sich mit CO2
an, ohne den Tieren zu schaden. Die Meeresschildkröten sind nicht
standorttreu, vielmehr legen sie jährlich weite Strecken auf
ausgedehnten Wanderungen zurück. Dabei folgen sie anscheinend den Meeresströmungen, aber auch eine Orientierung mittels des Magnetfeldes der Erde
oder des Lichtwinkels wird diskutiert. Um genauere Erkenntnisse darüber
zu bekommen, laufen seit geraumer Zeit Markierungsprogramme, bei denen
Meeresschildkröten mit Sendern ausgestattet und so auf ihren Wanderungen
beobachtet werden.
Die Paarung der Meeresschildkröten findet wahrscheinlich auf dem offenen Meer
statt. Danach suchen die Weibchen zielstrebig ihren Geburtsstrand auf
und legen dort ihre Eier ab. Meeresschildkröten kehren immer nur zu
ihrem Geburtsstrand zurück, da sie Philiopatrie
betreiben. Grüne Meeresschildkröten finden mithilfe des Erdmagnetfeldes
ihre Paarungs- und Brutstätte auf Ascension Island. Dazu schwimmen sie
nur nachts von der Ostküste Brasiliens über 2000 km Richtung Osten. Bei der
Eiablage ziehen sich die weiblichen Tiere in der Nacht mit ihren
Flossen über den Sandstrand und graben eine etwa 30–50 cm tiefe Grube,
in die sie die Eier legen. In dieser Zeit sind oft Schildkrötentränen zu
sehen, deren Bedeutung unklar ist. Nachdem die Eier gelegt sind,
vergräbt sie die Schildkröte und macht sich auf den Weg zurück ins Meer.
In der Regel finden sich innerhalb weniger Nächte alle Weibchen eines
Strandes ein und legen ihre Eier, entsprechend gleichzeitig können dann
auch die Jungtiere schlüpfen, vorausgesetzt, ihr Gelege wurde nicht
Opfer eines Nesträubers. Die Sonne brütet die Eier aus. Bei Temperaturen über
29,9 Grad entwickeln sich Weibchen. Bei niedrigeren, Männchen. Das
gleichzeitige Eiablegen und Schlüpfen sorgt dafür, dass die Nesträuber
gewöhnlich satt sind, bevor allzu großer Schaden angerichtet ist,
wodurch mehr Jungtiere überleben. Weitere Feinde warten auf dem Weg der
frisch geschlüpften Jungtiere zum Meer, vor allem Möven und Rabenvögel.
Eine weitere natürliche Bedrohung für die Nester sind heftige Stürme,
die in den tropischen Gegenden oft ganze Strände verwüsten. Der Mensch
bedroht sie ungewollt durch Straßen, Städte und andere Lichtquellen. Da
sich die gerade geschlüpften Tiere natürlicherweise am Mondlicht
orientieren, um den Weg zurück ins Meer zu finden, werden sie durch
diese Lichtquellen auf ihrem instinktivem Weg irritiert und verenden.
Über das Leben der Jungtiere in den ersten Lebensjahren war viele
Jahrzehnte so gut wie nichts bekannt. Erst 2007 fand man am Archie Carr
Center for Sea Turtle Research durch die Untersuchung des Verhältnisses
verschiedener Isotope im Panzer von sich wieder in flacheren Gewässern
befindlichen Tieren heraus, dass sich die eigentlich pflanzenfressenden
Schildkröten während der ersten Jahre von Quallen und anderen
wirbellosen Tieren ernähren, die sie im offenen Meer fangen.
Alle Meeresschildkröten sind in ihrem Bestand vom Aussterben bedroht.
Die Bedrohung geht dabei ausschließlich vom Menschen aus, der sie
aufgrund ihres Fleisches, der Eier und ihrer Panzer seit Jahrhunderten
jagt. Besonders in den asiatischen Ländern ist das Fleisch sehr begehrt
und auch Handelsverbote, empfindliche Strafen und hohe
Schwarzmarktpreise schränken den Handel kaum ein. Schildkrötenleder und das Schildpatt der Panzer stehen ebenfalls hoch im Kurs, vor allem in Japan, wo sie als Glücksbringer gelten.
Ein häufig vernachlässigter Faktor ist die Umweltverschmutzung ganzer Meeresregionen und Niststrände, die den Meeresschildkröten ihre
Lebensgrundlage entzieht. Moderne Fischfangmethoden stellen eine
zusätzliche massive Bedrohung dar, die Tausenden von Meeresschildkröten
ein Ende als Beifang in einem Krabben- oder Fischnetz beschert. Die in den letzten Jahren entwickelten TED-Netze
(steht für „turtle excluder device“) für den Krabbenfang werden von den
meisten Krabbenfischern abgelehnt, da sie einen Verlust der
Krabbenernte befürchten.
Alle Meeresschildkröten stehen offiziell unter Artenschutz durch das Washingtoner Artenschutzabkommen. Der Handel mit Schildkrötenprodukten ist seit 1979 durch die Convention on International Trade in Endangered Species verboten, und sie dürfen nicht gefangen und getötet werden. All diese
Maßnahmen wirken jedoch nur schleppend. International versuchen
Tierschützer und Organisationen den Schutz der Tiere durchzusetzen,
indem sie Brutgebiete einzäunen und bewachen oder Zuchtstationen
aufbauen. Die Insel Sipadan (bei Borneo) etwa wurde 2004 zum Naturschutzgebiet erklärt und das dortige
Touristenresort geschlossen. Die Insel darf seither nur noch bei Tage
von einer bestimmten Anzahl Menschen nur an einigen Stellen betreten
werden und es ist nicht mehr erlaubt, auf der Insel zu übernachten. Auf
den Turtle Islands, in der Südsee,
wurde die Zahl der gefundenen Nistgelege der Suppenschildkröte 2011 mit
14.220, mit über 1.44 Mio Eiern, angegeben. Im Jahr 2004 wurde bisher
die niedrigste Zahl an Nistgelegen gefunden, es waren etwas über 4.000.
Diese deutliche Steigerung der Anzahl der Nistgelege wird als Erfolg der
Schutzbemühungen der Philippinen und Malaysias gewertet. Einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Schildkröten liefert die
Wissenschaft, deren Erkenntnisse über das Verhalten der Tiere einen
effektiveren Schutz erlauben.
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