Mittwoch, 30. März 2016

Fischschwarm


Amed Scuba, Großaugenmakrelenschwarm
Umgeben von bunten Korallen, Schwämmen und farbenfrohen tropischen Rifffischen tauchen mein Buddy und ich die Steilwand von Jemeluk entlang. Eine leichte Strömung bewegt das glasklare, sonnendurchflutete Wasser. Innerhalb von Sekunden hatte sich der Himmel über uns verdunkelt und wir sehen zur Wasseroberfläche hinauf. Am Horizont erscheint eine silbrige und pulsierende Siluette, die sich wie ein Kreisel zu drehen scheint und sich wie ein einziger großer Körper bewegt. Doch besteht dieser große Organismus aus tausenden einzelner Fische, die sich zu einem Schwarm zusammengefunden haben. Wir fragen uns, wo dieser Schwarm so plötzlich hergekommen ist. Die Choreographie ist perfekt. „Dann plötzlich vollzog der Schwarm eine Korrektur seiner Position um wenige Grad, die alle Tiere kollektiv vollführten und die Leiber schmiegten sich noch enger aneinander.“  Welcher der Fische hatte dieses Signal zur Kurskorrektur entsendet? In einem Schwarm sind alle Fische gleichberechtigt. 
e-mail: halloscuba@yahoo.com
Großaugenmakrelenschwarm in Bali, Amed Scuba
Großaugenmakrele in Bali, Amed Scuba
Es gibt weder ein Leittier dem alle folgen noch einen festen oder zugewiesenen Platz. Jeder Fisch besetzt jede Position und daher findet keine Spezialisierung noch zentrale Steuerung statt. Auffällig ist, dass Schwärme die Tendenz haben zu wachsen und sich zu verdichten. Die Tiere suchen Schutz in der großen Gruppe, die sie als Einzeltier nicht haben. Es stellt sich dem Betrachter die Frage, woher wissen die Fische jedoch in welche Richtung sie zu schwimmen haben, wenn es hier in dieser Gruppe keinen Anführer, kein Leittier gibt. Taucht man in einen Fischschwarm hinein, so ist dies jedes Mal wieder eine einzigartige Erfahrung. Die Wand
Amed Scuba, Büffelkopfpapageienfische
aus Fischen öffnet sich vor dem Taucher und schließt sich lautlos hinter ihm. Die Fische nehmen den Taucher furchtlos und ungestört in ihre Mitte auf und gehen weiterhin ungestört, geschäftig ihrem Treiben nach. Die Gruppe nimmt daher auch frende Fischarten auf und muss nicht auf eine einzige Art beschränkt sein. Abstand halten die Fische nur vor den Luftblasen, die der Pressluftflasche des Tauchers entweichen. Der Schwarm ist ein dynamisches Gebilde und bleibt immer in Bewegung. Typische Schwarmfische folgen ihrem angeborenen Schwarmtrieb. Im Schwarm zu schwimmen muss weder von ihnen erlernt noch geübt werden. Der Trieb im Schwarm zu schwimmen ist ihnen angeboren und bietet ihnen den nötigen und gesuchten Schutz innerhalb der Gruppe. Der Wissenschaftler Craig Reynolds arbeitet an mathematischen Modellen, um Schwärme am Computer zu simulieren. Die Computersimulation zeigt drei Regeln, denen die Schwarmbildung folgt:

1. Kohäsion
Bewege dich in Richtung des Mittelpunkts derer, die du in deinem Umfeld siehst. 2. Separation
Bewege dich weg, sobald dir jemand zu nahe kommt. 3. Alignment
Amed Scuba, Fischschwarm im Japanischen Schiffswrack

Bewege dich in etwa in dieselbe Richtung wie deine Nachbarn.

Vorteile bringt das Schwarmverhalten, da die Fische entspannter ohne Angst fressen können, paarungsbereite Partner in unmittelbarer Nachbarschaft zu finden sind und Tarnung vor möglichen Fressfeinden.
Amed Scuba - Zum Schutz der Tiere wird ein Schwarm gebildet

Dadurch ist ein Schwarm die fast perfekte Methode um zu überleben. Ein Raubfisch wird es in der sich ständig verändernden Masse nicht schaffen, sich auf ein einzelnes Individuum zu konzentrieren und gezielt danach zu schnappen. Gefressen werden die Fische, die den schützenden Schwarm verlassen, da sie nicht in der Lage sind dessen komplexe Bewegung zu folgen. Für Räuber sind sie dann eine leichte Beute. Auch kann ein Räuber nur eine begrenzte Anzahl Fische fressen. Statistisch steigt dadurch die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Schwarmfisches.
Amed Scuba - Eine Gruppe hat die Tendenz zu wachsen und sich zu verdichten

Auch muss ein einzelner Fisch immer wachsam sein und nach Räubern Ausschau halten. Diese Zeit kann er nicht zum Fressen nutzen. Die vielen Augen in einem Schwarm sind effektiver und geben mehr Zeit zum Fressen und zur Paarung.

Doch auch Schwärme werden aufgerieben. Mit weit aufgerissenen Mäulern
Amed Scuba, Fischschwarm
schwimmen Haie mit hoher Geschwindigkeit in die Fischleiber. Immer und immer stoßen sie in den Schwarm hinein. Ein paar Fische erwischen sie immer, aber ihr Ziel ist es, den kompakten Schwarm zu deorganisieren und seine Struktur zu zerstören. Einzelne Fische oder kleine Gruppen sind dann eine leichte Beute Schwärme ziehen auch viele Räuber an.
Amed Scuba - Fische und ihr Schwarmverhalten

Der klassische Schwarmfisch hier in Amed ist wohl die Großaugenmakrele, aber auch Büffelkopfpapageienfische bilden große Schwärme aus, wenn sie ihr Nachtlager verlassen. Doch nicht nur friedfertige Planktonfresser organisieren sich auf diese Weise, auch Raubfische wie der Barrakudas bilden Schwärme aus, um miteinander gemeinsam zu jagen. Da spricht man dann allerdings von "Schulen", aber wo ist der Lehrer? Auch die Hammerhaie vor Cocos Island im Ostpazifik schwimmen in Schwärmen – Entschuldigung, Schulen herum Anderswo sind Hammerhaie ausgesprochene Einzelgänger. Fürchten sie sich alleine?
Amed Scuba, Makrelenschwarm

Nicht nur im Meer, auch an Land bilden Tiere große Gruppen, weil sie im Kollektiv sicherer sind als ein Individuum. Bei Säugetieren nennt man sie nicht Schwärme oder Schulen, sondern Herden. Bei Insekten und Vögeln wiederum schon. Da kenn sich noch einer aus!

Schwärme sind wie eine große Tanzveranstaltung ein Ort leicht auf einen potentiellen Partner zu treffen, um sich kennen zu lernen und um sich fortzupflanzen ohne nach einem räumlich weit entfernten und verborgenen Partner zu suchen.
Liebe Grüße aus Bali, Christine Sbick
http://www.amedscubabali.com

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